Parlamentarischer Abend 2005
«Rückmeldungen von der Sparfront Schule»
Der kantonale Mittelschullehrer-Verband orientierte Kantonsrats- mitglieder über Schulprobleme und Lehrerbefindlichkeiten
St. Gallen. Frust auslösende Sparmassnahmen und veraltete gesetzliche Grundlagen für die Arbeit an Mittelschulen. Das waren zwei der Themen, mit denen Mittelschullehrer Parlamentariern anschaulich die Folgen ihrer Politik zeigten.
MARKUS LÖLIGER
Eingeladen waren die Mitglieder des Kantonsrates von der Mittelschullehrerschaft zum «Parlamentarischen Abend». Das Thema hiess – «provokativ formuliert», wie Präsident Mathias Gabathuler festhielt – «Niveau statt Nivellierung». Natürlich war es – wie angekündigt – Ziel, «über die aktuellen Bildungs- und bildungspolitischen Inhalte auf der Mittelschulstufe» zu informieren. Aber auch aufzuzeigen, welche konkreten Auswirkungen politische Entscheide auf die Mittelschulen haben.
Letzteres wurde auch zur Kropfleerete der Mittelschullehrer. «Die Administrierungszeit nimmt laufend zu. Diese Zeit geht am Kernauftrag – dem guten Unterricht – ab», klagte ganz generell Präsident Mathias Gabathuler und zeigte damit auch, dass den Mittelschullehrern an einer «qualitativ hoch stehenden Bildung» gelegen ist.
Nach dem Karussellprinzip
Vizepräsident Paul Eigenmann fasste die Sorgen seiner Verbandskollegen in einige wenige pointierte Sätze: «Der Kantonsrat bestimmt nicht die Qualität (der Mittelschulen), aber er fällt qualitätsrelevante Beschlüsse.» Die Ansprüche an die Mittelschulen, für immer mehr und immer unterschiedlichere Abnehmer Schüler auszubilden, stiegen zwar, gleichzeitig verminderten sich aber die zur Verfügung gestellten Ressourcen. Deshalb zog Eigenmann den provozierenden Schluss: «Es läuft nach dem Karussellprinzip: Sie drehen innen und wir secklen aussen.» Auf Qualitätssicherung angesprochen, sagte Eigenmann, ein kritisierter Lehrer werde nicht automatisch ein besserer Lehrer. Ihm gehe die Qualitätsdiskussion zu wenig weit: Der Überprüfung müsste auch ein Angebot für Verbesserungen gegenüberstehen. Bei der Frage des Sparens erinnerte der Vizepräsident auch an längerfristige Folgen: «Sparrunden haben eine negative Wirkung auf den Nachwuchs.»
Jede Sparrunde ist ein Dämpfer
Aktuar Clemens Müller – nach der Motivation der Lehrer nach den Sparpaketen gefragt – erklärte: «Jede Sparmassnahme ist ein Dämpfer und zieht Energie vom Hauptzweck ab. Die Profession sorgt dafür, dass es sich immer wieder einpendelt.» Müller skizzierte aber auch ganz handfeste Nachteile: «Das Engagement ausserhalb des direkten Unterrichts leidet, besonders bei den Jungen, und es wird immer schwieriger, Leute zu finden für Schulleitungsaufgaben.» Gabathuler stellte eine Totalrevision des längst in die Jahre gekommenen Mittelschulgesetzes zur Diskussion, um neue Erkenntnisse integrieren und von den heute zur Verfügung stehenden Mitteln ausgehen zu können. Der Präsident verspricht sich davon «wieder mehr Halt und Sicherheit» für die Lehrkräfte. Sein Vizepräsident erhob den Mahnfinger: «Die Revision ist notwendig, aber es kann nicht angehen, dass von politischer Seite für den Fall einer Revision mit der Abschaffung des Bildungsurlaubes gedroht wird.»
Klimatisches und Konkretes
Der Abend hat offensichtlich die Erwartungen erfüllt. SP-Kantonsrätin Anita Blöchliger Moritzi sagt: «Wir sind ins Gespräch gekommen. Die Aufmerksamkeit war da, die Rückmeldungen von der Schulfront an die politischen Entscheidgremien sind aufschlussreich.» Auch Andreas Hartmann, FDP-Fraktionschef, zieht eine positive Bilanz: «Es gab Kontakte zu den Direktbetroffenen, die auch dargelegt haben, wo welche Sparmassnahmen wie wirken und ob diese allenfalls qualitätsrelevant sind.» Hartmann nimmt auch eine ganz konkrete Anregung von Lehrerpräsident Gabathuler mit: «Die Hauptselektion sollte nicht erst an den Hochschulen erfolgen, sondern schon vorher.» Da sei die Politik gefordert, sagt Hartmann.
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