HV 2007/48. Internationales Bodenseetreffen
Hauptversammlung des KMV
48. Internationales Bodenseetreffen KMV-BPV-PhBW
Am 15. September 2007 fand in Appenzell die Hauptversammlung des KMV statt. Im Anschluss daran trafen sich Vertreterinnen und Vertreter des KMV, des Bayerischen Philologenverbandes und des Philologenverbandes Baden-Württemberg zum 48. Internationalen Bodenseetreffen.
Bericht über die HV im St. Galler Tagblatt
Bildungspolitisches Podium des Kantonalen Mittelschullehrkräfte-Verbands St. Gallen (KMV) vom 16. September 2007
Das Internationale Bodensee-Treffen führt alljährlich Gymnasiallehrkräfte aus der Schweiz, Baden-Württemberg, Bayern und Österreich zum Erfahrungs- und Gedankenaustausch zusammen. Dieses Jahr wurde es turnusgemäss vom KMV organisiert und in Appenzell durchgeführt. In diesem Rahmen fand am 16. September in der Ziegelhütte Appenzell eine Podiumsdiskussion zur Situation der gymnasialen Maturitätsschulen im Spannungsfeld von Innovation und Tradition statt. Unter der Moderation von Walter Eggenberger diskutierten ausgewiesene Experten: Landammann und Erziehungschef Carlo Schmid, Ständerat und Rektor des Gymnasiums St. Antonius Ivo Bischofberger, Ernst Mohr, Rektor der Universität St. Gallen, und Hans Peter Dreyer, als Präsident des Schweizer Verbands der Gymnasiallehrkräfte (VSG) der „oberste Mittelschulpädagoge“ der Schweiz.
In seinem Eingangsstatement wies Professor Mohr darauf hin, dass viele Universitäten bei der Umwandlung auf das Bologna-System die Chance vertan hätten, in sich zu gehen und das Studium generell auf den Prüfstand zu stellen. Die Universität St. Gallen informiere jetzt sehr ausführlich, was die Studenten im Studium und im lebenslangen Lernen erwarte. Da aber alle Hochschulen Spitze sein wollen, nehme, so Bischofberger, der Druck aufs Gymnasium zu und die Chancengleichheit sei in Frage gestellt. Andere Aussagen waren, dass die Lehrerverbände ihre Forderungen klarer positionieren dürften, dass die Matura ihren Wert behalten müsse und dass Universität und Gymnasium eine Einheit seien, bestehend aus zwei Teilen. Der Schüler solle von einer Einheit in die andere hineingleiten, nicht übertreten.
Im Verlauf der Diskussion zeigte sich, dass die Schweiz ähnliche Probleme hat wie Deutschland:
– die Gymnasien haben keine Zeit mehr, ihr Kerngeschäft zu betreiben, denn sie werden von Planungsvorgaben überrollt
– es besteht die Angst, dass die Matura nur noch zur Aufnahmeprüfung an der Universität berechtigt
– die Anforderungskataloge, etwa der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, führen das Prinzip der Matura ad absurdum
– die Zahl der Studienabbrecher, man nennt es drop-outs, ist zu hoch
– der große Experimentierblock in den vergangenen Jahren waren die Universitäten
– es gibt eine Exzellenz-Diskussion mit dem Ziel, die Schweiz wissenschaftlich unter die Top Ten zu führen
Dann wurden Lösungsansätze skizziert. Als positive Innovation muss gesehen werden, dass mit der Veränderung im Hochschulbereich der Informations- und Beratungsbedarf im Gymnasium stark gestiegen ist. Deshalb muss der Schüler dahin
ausgebildet werden, dass er sich selbst einschätzen und mit selbständiger Lerntechnik lernen kann und dass er orientierungsfähig wird. Das Gymnasium muss auch mehr fächerübergreifendes Lernen praktizieren. Damit sind nicht Konglomeratfächer gemeint, sondern ein punktuelles Zusammenarbeiten. Fachorientierung und wissenschaftliche Ausrichtung sind unverzichtbar.
Die vom Moderator eindringlich gestellte Frage nach den Bewahrenswerten der herkömmlichen gymnasialen Kultur fand vor allem in der lebhaft geführten offenen Diskussion klare Antworten. Zwar soll das Gymnasium gegenüber den Anliegen von Hochschulen, Wirtschaft, Politik, Eltern und Schülerschaft offen sein und den Dialog mit diesen Instanzen vermehrt pflegen. Um aber gerade gegenüber divergierenden Ansprüchen einen verlässlichen Kurs halten können, muss es sich an der eigenen Tradition orientieren. Diese besteht in der umfassenden und vertieften Allgemeinbildung, die von akademisch geschulten Lehrkräften vermittelt wird und vorwiegend auf einem altersgerechten und anspruchsvollen Unterricht in Sprachen und Mathematik, Naturwissenschaften und historischen Fächern beruht. Von deutschen Kolleginnen und Kollegen wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, dass in der heutigen Mediengesellschaft das Gymnasium die einzige Institution bleibe, welche die Elite der Zukunft systematisch und nachhaltig mit den gemeinsamen europäischen Werten von Freiheit und Verantwortung, Demokratie und Solidarität vertraut mache.
Rechtzeitig zum Internationalen Bodensee-Treffen erschien die Publikation mit den Beiträgen des Internationalen Bildungsgipfels vom Februar 2007 in St. Gallen, der durch dieselben Trägerverbände organisiert worden war. Diese liefert gleichfalls wertvolle Beiträge zur aktuellen bildungspolitischen Diskussion, die in einem zusammenfassenden Artikel des Philosophen und Publizisten Ludwig Hasler auf den Punkt gebracht sind. Die Publikation kann über den KMV (www.kmv.ch) bezogen werden.