Die Sekundarstufe II hat Zukunft
Ursula Renold, Direktorin des Bundesamts für Berufsbildung und Technologie BBT und Hans Ambühl, Generalsekretär der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren EDK hatten zu einer Tagung nach Bern eingeladen. Rund sechzig Personen aus Berufs- und Allgemeinbildung, vorwiegend aus der Bildungsverwaltung, aber auch Vertreter von Wirtschaft, Schulleitungen und Lehrerschaft durften teilnehmen.
Gemäss der Bildungsstatistik 2007 gab es 2006 im Bereich der Sekundarstufe II – also im ersten Lebensabschnitt nach der obligatorischen Schulzeit – rund 57000 Berufszeugnisse, 11000 Berufsmaturitätszeugnisse, 17000 gymnasiale Maturitätszeugnisse und 3000 Fachmittelschulabschlüsse. Insbesondere die EDK mit je einem Koordinationsbereich Berufsbildung und Allgemeinbildung ist bemüht, diese Stufe immer wieder unter einem einheitlichen Gesichtswinkel zu sehen, wie man im Tätigkeitsbericht nachlesen kann.
Hans Ambühl blickte zurück auf das „Projekt Sekundarstufe II“ von 1996, aus dem sich der im Jahr 2000 publizierte Bericht Die Sekundarstufe II hat Zukunft – Le secondaire II à venir
ergeben hat, und stellte fest, dass vieles indirekt umgesetzt worden ist. In seinen Überlegungen „Was uns in Zukunft leiten soll“ wies er auf den neuen Verfassungsartikel, gemäss dem „Qualität und Durchlässigkeit als oberste Maximen für die Steuerung für das Bildungssystem“ sein sollen. Daraus leitete er den Bedarf an Standards auf der Sekundarstufe II und vermehrter Durchlässigkeit zwischen den Lehrpersonen zwischen Berufs- und Allgemeinbildung ab. „Die Harmonisierung der Sekundarstufe II“ steht uns noch bevor.“
Ursula Renold betonte die besondere Rolle des Lehrbetriebs, der zusammen mit der Berufsschule eine Lehrgemeinschaft bilde. Sie kritisierte am Bericht von 2000: „Wer Harmonisierung und Gleichmachung zum Ziele hatte, hat die Realität nicht gesehen.“ Das breite Spektrum in der Berufsbildung reiche von der Begabtenförderung namentlich durch die BMS bis zu den Aufgaben hinsichtlich Integration von Migranten und Behinderten. Charakteristisch sei die Anforderung an die Berufsbildung und ihre Lehrpersonen zu permanenter Veränderung entsprechend den Bedürfnissen der Wirtschaft. Ziel sei die Arbeitsmarktfähigkeit und damit auch die Autonomie der Absolventinnen und Absolventen.
Im anschliessenden Podiumsgespräch wurden verschiedenste Themen aufgenommen, insbesondere die unbefriedigende Situation im Bereich Fachmittelschulen-Gesundheit. Überwiegend wurde konstruktiv diskutiert. Gymnasiale Themen waren unter anderem die kleine Revision des MAR, der Übergang an die Hochschulen, die Erfolgsquoten und die zunehmende Bedeutung der Berufs- und Studieninformation schon lange vor dem Entscheidungszeitpunkt.
Basis für die Diskussion in gemischten Gruppen am Nachmittag waren vorbereitete „Thesen zur Weiterentwicklung der Sekundarstufe II für die Jahre 2010 bis 2020“ die überwiegend als unbefriedigend empfunden wurden. Die geplanten Aktivitäten der EDK führten zu lebhaften Gesprächen:
1) Die Baustelle „Fachmittelschule“ muss dringend saniert werden.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer votierten unisono dafür, dass die EDK und das BBT die Klärung der vielen offenen Fragen mit hoher Priorität vorantreiben müssen.
2) Klare Aufgaben sind für die verschiedenen Bildungsgänge der Sekundarstufe II wesentlich.
Sowohl die Berufs- als auch die Allgemeinbildungs-Vertreter/innen sprachen sich deutlich für eine „Ausschärfung der Profile“, also für klare Ziele der Bildungswege aus. Die von Hans Ambühl favorisierte Idee, Gemeinsamkeiten in beiden Lehrerausbildungen zu entwickeln, löste hingegen keine Begeisterung aus.
3) Das EDK-Generalsekretariat spricht sich klar für Standards auch an Gymnasien aus.
Die schriftlichen Unterlagen und Voten von GS-EDK-Vertretern brachten die Überzeugung zum Ausdruck, dass Bildungsstandards für die gesamte Sekundarstufe II eingeführt werden müssten; offen bleibe nur noch Zeitpunkt und Form. – Die weitreichenden Konsequenzen eines allfälligen Schritts in diese Richtung konnten aber nur andiskutiert werden.
Hans Peter Dreyer, Präsident VSG