Die Position des VSG zu Bildungsstandards

 Bildungsstandards für Maturitätsschulen 

Bildungsstandards sind ein Thema, mit dem sich gegenwärtig Gesellschaft, Politik und damit auch die Lehrpersonen­verbände beschäftigen. HARMOS wird sie in den obligatorischen Schulen in der Schweiz einführen. Die EDK erwartet auch Standards für die Sekundarstufe II. Unterschiedliche Projekte werden bereits – zu Recht oder Unrecht – mit Bildungs­standards in Verbindung gebracht: Vereinheitlichte kantonale Lehrpläne für die Gymnasien, zentralisierte Prüfungen, Fremdsprachenzertifikate und andere Standardisierungselemente.  Der VSG ist bereit, das Thema ernsthaft zu diskutieren. Er warnt aber vor unwissen­schaft­lichem und unkoordi­niertem Vorgehen und behält sich vor, sich gegen ein konkretes Projekt auszu­sprechen, wenn es wesentliche Kriterien nicht erfüllen sollte.

Die Einführung von Bildungsstandards lässt sich nur rechtfertigen, wenn dadurch nach­weisbar die Bildungsqualität auf der ganzen Breite steigt. Bildungsstandards bringen eine stärkere Fokussierung auf messbaren ‚Output' mit sich. Der absehbare Verlust bei weniger leicht oder weniger unmittelbar messbaren Dimensionen der Bildung muss unter Berück­sichtigung von Erfahrungen im Ausland möglichst gering gehalten werden.

 

 Sieben Leitplanken des Zentralvorstands VSG vom Juni 2006 

 
1. Konsolidierung der Ausgangsbasis

Das Maturitätsanerkennungsreglement MAR umschreibt namentlich im Zweckartikel 5 die zentralen, schweizweit gültigen Bildungsziele des Gymnasiums. Bildungs­standards für die gymnasiale Matur sind damit – wenigstens in Ansätzen – bereits vorhanden. Entsprechendes gilt auch für die anderen Maturitätsschulen.

EVAMAR II wird Ansätze zur Operationalisierbarkeit dieser Zielvorgaben liefern und zeigen, wie mit Leistungstests überprüft werden kann, inwiefern das System die Ziel­vorgaben erfüllt.

 

2. Klärung der Begriffe

Der VSG fordert eine klare Bestimmung und einheitliche Verwendung des Begriffs ‚Bildungs­standards'.

In Anlehnung an den Bericht Klieme versteht der VSG unter Bildungsstandards auf wissen­schaftlichen Kompetenzmodellen basierende operationalisierte Zielsetzungen und darauf aufbauende Leistungstests.

 

3. Festlegung der Ziele

Ausgehend vom Bericht Klieme erwartet der VSG, dass Bildungsstandards

a) zur Steuerung des Gesamtsystems ‚Maturitätsschulen' verwendet werden und

b) nicht der Kontrolle einzelner Lernenden, Lehrpersonen oder Schulen dienen.

Bildungsstandards für die Maturitätsschulen müssen dazu beitragen, Probleme an den Schnittstellen zu reduzieren und die Qualität der Allgemeinbildung zu heben. In einem abgestuften Vorgehen sind die Ziele für die Schulen und den Unterricht aufgrund der Bildungsstandards und der Kompetenzmodelle für die einzelnen Fächer der neuen Systematik anzupassen.

 
4. Koordiniertes Vorgehen

Der VSG erwartet, dass alle beteiligten Kantone, Aus- und Weiterbildungsinstitutionen, und Aufsichtsbehörden gemeinsam und nach gegenseitiger Absprache vorgehen. Der VSG verurteilt ein Vorpreschen einzelner Kantone, die unkoordiniert bereits jetzt einzelne Projekte unter der Etikette ‚Bildungsstandards' laufen lassen.

 
5. Mitsprache der Betroffenen

Der VSG fordert eine klar dokumentierte Planung und eine demokratische Vorgehens­weise bei der Formulierung und allfälligen Einführung von Bildungsstandards für die Maturitäts­schulen. Das Erfahrungswissen von Lehrpersonen und Schulleitungen ist gleich­berechtigt zu demjenigen von Experten aus Forschung und Lehre heranzuziehen.


6. Realistischer Zeitplan

Im Sinn eines verantwortungsvollen Umgangs mit den Ressourcen und zugunsten der Stabilität des Systems fordert der VSG, dass zunächst

a) Erfahrungen mit HARMOS gesammelt und

b) die Resultate von EVAMAR II abgewartet werden.

Erst auf dieser Basis können konkrete Schritte für die Einführung von Bildungs­standards an Maturitäts­schulen unternommen werden. Grundsatzentscheide können deshalb nicht vor 2009 gefällt werden.


7. Kostenwahrheit und Finanzierung

Bildungsstandards lassen sich nicht zum Nulltarif einführen. Der VSG verlangt deshalb, dass die benötigten finanziellen Mittel frühzeitig und möglichst genau zu bestimmen sind. Dabei ist auch die Arbeit von Lehrpersonen und Schulleitungen in Rechnung zu stellen.

Die Finanzierung ist vorab zu klären. Sie darf nicht auf Kosten des ‚Courant normal' erfolgen.

 


Klieme, Eduard et al.: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards – Eine Expertise. Bundesministerium für Bildung und Forschung. Berlin 2003.

www.cms.sibp.ch/user_doc_bstd/805337443.pdf